Grünflächen speichern Wasser und entlasten bei Starkregenereignissen die Kanalisation. So schützen sie vor Überschwemmungen und helfen, das Überlaufen von ungeklärtem Schmutzwasser in die Flüsse zu verhindern. Städte mit mehr Grün müssen daher weniger Geld in den Ausbau ihrer Kanalsysteme investieren als solche mit einem höheren Anteil an versiegelten Flächen.
Über die Verdunstung von Wasser kühlen Pflanzen das Stadtklima. Mit ihrer Blattoberfläche filtern sie außerdem große Mengen von Feinstäuben und anderen Schadstoffen aus der Luft. Die luftreinigende und kühlende Wirkung von Grünflächen hat positive Effekte auf die Gesundheit der Menschen, die in der Stadt leben, und reduziert so persönliches Leid und öffentliche Gesundheitskosten. Anknüpfend an diese Wirkungszusammenhänge hat das IÖW den gesellschaftlichen Nutzen dieser regulierenden Leistungen in Geldwerten berechnet.
Fotos: Konstantin Börner
Städtische Grünflächen haben vielfältige positive Effekte auf die Gesundheit der Stadtbewohner*innen. Zum Beispiel werden von den Pflanzen in städtischen Parks und Gärten Luftschadstoffe zurückgehalten, die ansonsten Atemwegserkrankungen verursachen oder verschlimmern können. Feinstaub, Stickstoffdioxid, Ozon, Schwefeldioxid, Kohlenmonoxid und andere gesundheitsschädliche Gase werden an der Blattoberfläche der Pflanzen aufgenommen oder abgelagert. Als ‚grüne Lunge‘ der Städte produzieren sie zudem Sauerstoff, binden gleichzeitig Kohlenstoff und schützen so das globale Klima.
Mithilfe von Parametern aus der Fachliteratur ermittelte das IÖW-Team an beispielhaften Grünflächen, wie viel Luftschadstoffe diese jährlich zurückhalten. Dabei kommt es auf die Größe der Fläche und die vorhandenen Vegetationstypen an — etwa Gräser, Sträucher oder Bäume. Die Informationen zur Landnutzung entnahmen die Forschenden aus Datensätzen des Urban Atlas und aus Satellitenbildern, ergänzt durch Begehungen und Erläuterungen der Partner*innen vor Ort. Schadstoffe in der Luft können gesundheitsschädlich sein, zum Biodiversitätsverlust beitragen sowie Ernte- und Materialschäden verursachen oder verstärken. Grünflächen vermeiden oder vermindern solche Schäden und die damit verbundenen Kosten. Über die Höhe der vermiedenen Schäden geben Umweltkostensätze des Umweltbundesamtes Aufschluss.
Zusätzlich leistet die Vegetation in Gärten und Parks einen Beitrag zum Klimaschutz: Die Sträucher, Bäume und Gräser binden bei der Photosynthese Kohlenstoff in pflanzlicher Biomasse und reduzieren so Treibhausgase in der Atmosphäre. Das Vorgehen zur Quantifizierung ähnelt der Berechnung des Luftschadstoffrückhalts: Den im Urban Atlas verzeichneten Landnutzungsklassen werden Parameter aus der Forschungsliteratur zugewiesen, die angeben, wie viel Kohlenstoff die jeweilige Vegetation jährlich bindet. Diese Parameter werden mit den Geodaten des ausgewählten Parks oder Gartens verrechnet, um die gesamte Kohlenstoffretention dieser spezifischen Grünfläche zu ermitteln. Auch hier profitiert die Gesellschaft langfristig von Grünflächen, denn sie helfen, die Folgeschäden des Klimawandels zu reduzieren. Das Umweltbundesamt bemisst diese Folgekosten auf etwa 195 Euro pro Tonne CO2-Äquivalente.
In Städten sind viele Flächen nicht von natürlicher Vegetation bedeckt, sondern mit Asphalt, Beton oder anderen Materialien versiegelt. Dort ist die Aufnahme von Regenwasser erschwert, da es weder in der Erde versickern noch an der Boden- und Pflanzenoberfläche verdunsten kann. Deshalb muss Regenwasser in Städten zu einem großen Anteil von der Kanalisation aufgenommen werden. In Parks und Gärten hingegen kann Niederschlag versickern, wodurch das Regenwasser vom Boden aufgenommen wird und daher nicht von der städtischen Kanalisation abgeleitet werden muss. Insbesondere bei Starkregenereignissen, die durch den Klimawandel voraussichtlich häufiger und intensiver werden, spielt das eine wichtige Rolle, weil das Abwassersystem dann besonders unter Druck gerät. Bei einem hohen Versieglungsgrad kommt es dann lokal zu Überschwemmungen, die je nach Regendauer und -stärke Sachschäden verursachen und Stadtbewohner*innen beeinträchtigen oder gefährden können.
Zusätzlicher Schaden entsteht in Städten mit Mischkanalisation, wo Schmutzwasser und Oberflächenwasser gemeinsam abfließen: Wenn bei Starkregen die Kapazität der Kanalisation erschöpft ist, muss das überschüssige Abwasser ungefiltert in Flüsse geleitet werden, deren Ökosysteme unter der Schadstoffbelastung leiden. Viele städtische Abwasserbetriebe bauen daher Regenrückhaltebecken, in denen Starkregen aufgefangen und nach und nach an die Kläranlagen abgegeben wird, wenn diese wieder freie Kapazitäten haben.
Indem Grünflächen die Auswirkungen von Starkregenereignissen abmildern, sparen sie also Kosten zum Bau solcher Rückhaltebecken. Auch hier hat das IÖW-Team die Leistung ausgewählter Beispiele untersucht: Wie viel Regenwasser nehmen die Flächen bei Starkregenereignissen auf? Die zurückgehaltene Wassermenge lässt sich über den Grad der Versiegelung und der damit zusammenhängenden Aufnahmefähigkeit berechnen. Zum Beispiel versickern auf einer Rasenfläche circa 80 Prozent des Starkregens lokal im Boden. Zur ökonomischen Bewertung dieses Wasserrückhalts hat das IÖW die Kosten berechnet, die der Stadt und damit auch den Bürger*innen jährlich entstehen würden, wenn das gleiche Volumen durch technische Bauwerke zurückgehalten werden müsste.