Nahrungsmittelproduktion urbaner Gärten erheben und bewerten

In urbanen Kleingärten, Gemeinschaftsgärten und auf Mietäckern werden Gemüse und Kräuter angebaut, die zur Versorgung der städtischen Bevölkerung beitragen. Dadurch wird das Gärtnern nicht nur zu einer sinnstiftenden Freizeitbeschäftigung, sondern kann auch zur lokalen, nachhaltigen Lebensmittelproduktion beitragen. Wie viel Gemüse in den Gärten geerntet wird, kann mithilfe von Erhebungen und Hochrechnungen ermittelt werden.

Fotos: Viviann Remmel / Kulturinsel Stuttgart

Durchschnittlicher Ertrag

Manche Gärtner*innen bauen Gemüse vor allem wegen der Freude am Selbstgemachten und wegen des Kontakts zur Natur an. Andere versuchen, sich und ihre Familien mit der eigenen Ernte so weit wie möglich selbst zu versorgen und ihre Ernteerträge zu maximieren. Doch wie viele Lebensmittel werden in urbanen Gärten produziert? Verschiedene wissenschaftliche Studien sind dieser Frage bereits nachgegangen. Dafür wurden detaillierte Daten zu Anbauflächen und Ernteerträgen in verschiedenen urbanen Gartenanlagen gesammelt. Die Studien zeigen: Im Durchschnitt ernten Gärtner*innen während der Gartensaison von Frühsommer bis Spätherbst auf einem Quadratmeter Anbaufläche 5,45 kg an Obst, Gemüse und Kräutern.

 

Wird auch in den Wintermonaten gegärtnert, erhöhen sich die Ernteerträge auf 6,37 kg pro Quadratmeter im Jahr. Anzunehmen ist jedoch, dass sich die Ernte in der Regel auf die übliche Gartensaison beschränkt. 

 

Anteil und Umfang der Anbaufläche

Die Flächen in urbanen Gärten werden ganz unterschiedlich genutzt. In einigen Gärten ist der Anteil an Freizeit- und Erholungsräumen sehr groß, in anderen werden mehr Nutzflächen angelegt. Im Projekt GartenLeistungen wurden im Frühjahr 2021 mit Hilfe von amtlichen Statistiken, Geodatenportalen, Online-Recherchen und Befragungen die urbanen Gartenflächen in Berlin und Stuttgart ermittelt. Im Winter 2023 wurden auch die urbanen Gartenflächen von Leipzig und Frankfurt ermittelt. Dabei wurden Kleingartenanlagen, Gemeinschaftsgärten und Mietäcker mit in die Erhebung einbezogen, die innerhalb der Berliner bzw. Stuttgarter, Leipziger und Frankfurter Stadtgrenzen liegen. Gärten, die nicht öffentlich zugänglich sind, etwa Schulgärten, wurden vernachlässigt. 

 

Anhand von Nutzungsvorgaben in Vereinsordnungen sowie beispielhaften Erhebungen konnten Annahmen darüber getroffen werden, wie viel Fläche in den Gärten jeweils für den Anbau von Obst, Gemüse und Kräutern genutzt wird: 

 

Anteil der

Anbaufläche

Berlin Stuttgart Leipzig Frankfurt a.M.
 Kleingärten 5 % 17 % 14 % 14 %
Gemeinschaftsgärten 38 % 26 % 26 % 33 %
Mietäcker 65 %  80 %  80 % 89 %

(Werte gerundet) 

 

Basierend auf diesen Annahmen wurde berechnet, dass in Berlin auf 1,4 km² und in Stuttgart auf 0,8 km² Fläche Gemüse und Kräuter angebaut wird. In Leipzig wird auf 1,8 km² und Frankfurt auf 0,8 km² Obst, Gemüse und Kräuter in urbanen Klein- und Gemeinschaftsgärten, sowie Mietäckern, angebaut. 

Fotos: Viviann Remmel / Chloroplast Stuttgart

Pro-Kopf-Verbrauch und Geldwert

Auf Basis der durchschnittlichen Ernteerträge (5,45 kg/m²) und der ermittelten Anbaufläche wurde berechnet, dass die urbanen Gärtner*innen in Berlin 7,6 Mio. kg und in Stuttgart 4,4 Mio. kg Gemüse und Kräuter während der Gartensaison ernten. In Leipzig sind es 9.5 Mio. kg und in Frankfurt 4.4 Mio. kg Obst, Gemüse und Kräuter pro Gartensaison.

 

Bei einem statistischen Pro-Kopf-Verbrauch von etwa 150 kg Gemüse und Kräutern pro Jahr (Wirtschaftsjahr 2021/22) können mit der Ernte aus den Berliner urbanen Gärten ca. 50.000 und in Stuttgart ca. 30.000 Menschen für ein Jahr mit frischem Gemüse und frischen Kräutern versorgt werden. Mit einem statistischen Pro-Kopf-Verbrauch von etwa 184 kg Obst, Gemüse und Kräuter pro Jahr (vorläufige Berechnungen für das Wirtschaftsjahr 2022/23) können in Leipzig ca. 52.000 Personen und in Frankfurt etwa 24.000 Menschen für ein Jahr mit frischem Obst, Gemüse und frischen Kräutern aus den lokalen urbanen Gärten versorgt werden.

 

Die ökonomische Bewertung der Ernteerträge erfolgte auf Basis der statistischen Ausgaben für Lebensmittel in Deutschland. Im Wirtschaftsjahr 2018/2019 wurden im Durchschnitt 1,30 € pro Kilo Gemüse oder Kräuter ausgegeben. Demnach liegt der monetäre Wert der Ernteerträge der Berliner urbanen Gärten bei knapp 10 Mio. €. Der Wert der Ernte in Stuttgarter Gärten liegt bei 5,8 Mio. €. Im Wirtschaftsjahr 2022/23 wurden, mit einem errechneten Inflationsaufschlag, durchschnittlich 3,34 € pro Kilo Obst, Gemüse und Kräutern ausgegeben. Demnach liegt der monetäre Wert der Ernteerträge der Leipziger urbanen Gärten bei knapp 32 Mio. €. Der Wert der Ernte in Frankfurter Gärten liegt bei knapp 15 Mio. €.

 

 

 

 

Mehr Details zur Methodik, zu Quellen und zu den Ergebnissen: 

 

Lea Kliem, Miriam Kuhlmann:

Reiche Ernte in Berliner und Stuttgarter Gärten.

Ermittlung der Nahrungsmittelproduktion in Gemeinschaftsgärten, Kleingärten und auf Mietäckern in Berlin und Stuttgart.

 

GartenLeistungen Arbeitsbericht (2022) Berlin. 

 

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Kliem_Kuhlmann 2022_Reiche Ernte in Berl
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